Kolumne

Katharinas Gartenlaube

von Katharina Kumeko


Es ist früher Morgen und draußen liegt Nebel auf den Wiesen. Nebelung oder Nebelmond - wie passend - so nannten früher die Leute den November, hat mir mein Großvater erzählt. In meiner Gartenlaube ist es mittlerweile morgens früh schon unangenehm kalt. Ich zünde ein Feuerchen im Holzofen an und stelle Thermoskanne, Gartenbuch und Stift auf den Tisch. Dieses Jahr werden es fast die letzten Notizen sein.

ONsüd-Bild: Lilian Seidel
 
In früheren Zeiten begann man in diesem Monat, der schon oft die ersten Fröste enthielt, mit den Hausschlachtungen. Der althochdeutsche Name „ Blotmanoth „ erinnert daran. Großvater nannte Anfang November auch Allerheiligenruhe , weil um Allerheiligen ganz oft ruhiges Wetter ist, wie ein zweiter Altweibersommer. 
Ich schaue nach draußen. Ihn würde es freuen , dass seine Prognose auch dieses Jahr eingetroffen ist. Wir hatten Mittagstemperaturen um die 16 Grad oder höher, und es war wunderbar windstill. 
Die Nächte werden jetzt täglich drei Minuten länger und die Sonne steht schon recht tief. Ich notiere mir, dass ich bald das letzte Mal den Rasen mähen muss. Die Tulpen- und Krokuszwiebelpflanzung auf der Wiese habe ich abgeschlossen. Dahlien und Gladiolenknollen liegen schon sorgsam aufgereiht in Körben im Keller. Die Stauden und die Rosen muss ich noch mit Reisig abdecken und die Beete. Wenn alles Laub dann weg geharkt ist, dann hat der Gärtner Ruhe. Jetzt beginnt die Zeit der langen Spätherbst und Winterabende, an denen ich, mit einer guten Tasse Tee und Kerzenschein, in alten Saatkatalogen und Gartenbüchern schmökern kann. Im Geiste entwerfe ich kühne Beetbepflanzungen und ergehe mich in Gedanken in englischen, prachtvollen Gärten. 
Aber der November hält noch zwei Freuden bereit: Wer, wie ich Sternschnuppen liebt und daran glaubt, dass man sich bei ihrem Anblick etwas wünschen kann - was dann auch in Erfüllung geht - ist vom 11. bis 13. und vom 17. auf den 18. November gut beraten, nachts aufzubleiben, sich warm anzuziehen und in den Himmel zu schauen. Von meinem Vater weiß ich, dass im Sternbild Stier (nordwestlich vom Orion) am 11. bis 13. die Tauriden zu sehen sind. Man kann etwa 15 Sternschnuppen pro Stunde erwarten. 
Weitaus ergiebiger sind die nach dem Sternbild Löwe benannten Leoniden in der Nacht vom 17. auf den 18. November. Da sind es zwischen 10 und 1.000 Sternschnuppen, die man sehen könnte. Ich sage „könnte“, weil das Maximum an Sichtungen gegen 23 Uhr ist, wo das Sternbild Löwe gerade über dem südöstlichen Horizont aufsteigt. Aber gegen 3 bis 4 Uhr morgens kann man in Höhe von 40 Grad noch etwa 10 bis 20 Schnuppen pro Stunde sehen. Ich werde auf jeden Fall aufbleiben.
 
  
ONsüd-Bild: Sebastian Pokojski

Bei meinen Rundgängen durch den Garten achte ich jetzt verstärkt auf zu kleine Igel. Letztes Jahr fand ich einen und päppelte ihn mit Katzenfutter und Haferflocken (gemischt) wieder auf. Zu trinken bekam er nur Wasser, keine Milch. Die vertragen sie nicht. Er lebte in meiner Laube in einer großen Pappkiste, ausgelegt mit vielen Zeitungen und ein paar Stoffresten, die er sich zu einer Höhle zusammen schob. Die Zeitungen muss man jeden Tag auswechseln, gegebenenfalls auch den Pappkarton- je nachdem, wie sehr er ihn mit Ausscheidungen verschmutzt hat. 
Mein Igel hatte nur ein Äuglein , mit dem er mich immer listig anschaute. Genauso und nicht anders wirkte sein Blick. Der Abschied von ihm , als er sein Normalgewicht erreicht hatte, fiel mir trotz aller Arbeit mit ihm schwer. Aber er trollte sich mit keinem Blick zurück ab unter den nächsten Strauch. Ach ja, bevor man ihn zu sich nimmt, sollte er zu einem Tierarzt gebracht werden: wegen Flöhen und anderen Plagegeistern. Der pudert ihn ein und dann gibt es keine unerwünschten Untermieter mehr. 

Der 29. November ist übrigens schon der erste Advent. Wenn das kein Grund zum Freuen ist! Ich wünsche allen Leser*innen viele Sternschnuppen. Genießen Sie das Schauspiel!

Quelle: Abendrot Schönwetterbot‘, Wetterzeichen richtig deuten, Autor: Bernhard Michels, Blv Verlag 2004

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