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REISEBERICHT


Mit dem Wohnmobil in Riga – eine Stadt, die gute Laune macht


Daugava in Riga. In der Mitte ist der Fernsehturm zu sehen. 
Auf der linken Seite befindet sich die Altstadt.



von Dr. Doris Godde & Gerhard Godde (Text & Fotos)

       
Vansu-Brücke über die
 Daugava in Riga
Auf unserer Tour durch das Baltikum mit unserem Wohnmobil haben wir Ende des Sommers auch Riga besucht. Riga ist eine alte Handelsstadt. Sie liegt an der Daugava, oder Düna. Die Düna ist historisch gesehen ein wichtiger Fluss für die Entwicklung von Russland. Schon die Wikinger zogen über die Düna, über die man schnell die Flusssysteme der Wolga und des Dnepr erreichen kann, ans Schwarze Meer. Sie gründeten im 9. Jahrhundert die Kiewer Rus, die heute als Vorläuferstaat der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Weißrussland angesehen wird. Uns hat der breite Strom mit seinen Brücken sehr beeindruckt. 

Unser Campingplatz lag auf einer Insel in der Daugava, Kipsala genannt. Mehr dazu später. Jeden Morgen sind wir über die Vansu-Brücke in 110 m Höhe zwischen zahlreichen Fußgängern, E-Scootern und Fahrradfahrern über den Fluss geradelt. Welch ein Abenteuer! Das Bauwerk wurde während der Sowjetzeit am 17. Juli 1981 eröffnet und war zu diesem Zeitpunkt mit 625 Metern die längste Schrägseilbrücke Europas.

Innenraum des Doms zu Riga
mit seiner prachtvollen Orgel
aus dem 19. Jhdt. Sie ist
heute die Kathedralkirche der
Evangelisch-Lutherischen-Kirche
Lettlands.
Doch nun zurück zum Geschichtlichen. Nach dem Jahr 1150 kamen Kaufleute aus Gotland regelmäßig zum Handel an den Unterlauf der Düna, wo das Flüsschen Riege in den großen Strom mündet. Dieses kleine Flüsschen, das heute zugeschüttet ist, gab dem Handelsplatz Riga seinen Namen. Zur Stadt wurde Riga 1201 unter dem Bischof Albert von Buxtehoeven aus Bremen. Albert von Buxtehoeven ließ auch den Dom zu Riga 1210 errichten. der in Jahr 1270 vollendet wurde. Er beeindruckt noch heute mit seiner prachtvollen Orgel.

Schon vorher hatten sich in Riga viele deutsche Kaufleute angesiedelt. Deren Zustrom nahm nach der Stadtgründung noch einmal zu. Riga war eine wichtige Hansestadt und unterlag dem Hamburger Stadtrecht. Sie war Bischofsstadt und Hauptstadt von Livland. Livland gibt es heute nicht mehr. Es ist in Lettland aufgegangen. Auch die livische Sprache ist fast ausgestorben.

Die Kaufmannschaft war in sog. Gilden organisiert. Eine wichtige Gilde war die die der Compagnie der Schwarzen Häupter. Sie vereinigte junge, unverheiratete ausländische Kaufleute, die in Riga lebten, ohne das Bürgerrecht der Stadt zu besitzen. Sie bauten den wohl prächtigsten Profanbau in Riga, das Schwarzhäupterhaus, das 1334 erbaut wurde. Im Jahr 1941 wurde es durch den Beschuss der deutschen Truppen zerstört. Zur 800 Jahrfeier der Stadt wurde es von 1993 bis 1999 rekonstruiert. Heute erstrahlt es in neuem Glanz.

Das Schwarzhäupterhaus und das angrenzende Schwabe-Haus am Marktplatz von Riga.



     
Haus Nr 17 und 19 der Drei Brüder
 in der Maza-Pilz-Straße.
 Das weiße Haus Nummer 17
 wurde im 15. Jhdt. erbaut,
 das gelbe Haus Haus Nr.19 im 17. Jhdt.
Um ihre Macht zu festigen, siedelten die Rigaer Bischöfe im Rahmen der Ostkolonisation auch im Umland Deutsche an. Die baltische Bevölkerung wurde zwangschristianisiert, teilweise auch mit Waffengewalt. Hier spielte der Deutsche Orden eine wesentliche Rolle. Die Ordensritter wurden zunächst von den Rigaer Bischöfen ins Land geholt, entwickelten sich aber bald zu einem neuen Machtfaktor, der in Konkurrenz zu den Erzbischöfen von Riga trat. Es kam zu einem langwierigen Machtkampf zwischen den Bischöfen von Riga und dem Deutschen Orden, der erst 1491 beendet wurde. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten erhaltenen profanen Bauten aus Riga, so das Haus 17 an der Maza pils iela, das zu den drei Brüdern gehört.

Mit der Einführung der Reformation 1523 ging die Herrschaft der Bischöfe zu Ende. Nun begannen auch andere Mächte sich für Livland zu interessieren. 1558 zogen russische Armeen in Livland ein. Der deutsche Orden holte die Polen zu Hilfe und 1581 geriet Livland unter polnische Herrschaft. Doch schon 1621 eroberte Gustav II Adolf von Schweden Livland. Nicht ganz 100 Jahre später behielten die Russen die Oberhand und 1721 wurde Riga dem Zarenreich zugeschlagen. Die russische Herrschaft dauerte bis zur Niederlage des Zarenreichs am Ende des ersten Weltkriegs und zur Oktoberrevolution




Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Riga zu einem wichtigen russischen Hafen ausgebaut, in dem noch heute z.B. Kreuzfahrtschiffe landen können.

Das Kreuzfahrtschift Costa Pacifica auf der Daugava vor Riga

Im Zuge der Industrialisierung entstanden zahlreiche Fabriken und Arbeiterviertel. Hier ist vor allem das Moskauer Viertel zu nennen. Am Rande des Moskauer Viertels stehen die Zeppelinhallen mit dem größten Lebensmittelmarkt in Lettland. Besonders das Fischangebot ist phantastisch. Hier kann man auch prima essen und den guten, aber starken Riga-Balsam probieren.

Der Markt in den Zeppelinhallen
Alte Industriebauten und Wohngebäude findet man auch auf der Insel Kipsala in der Daugava, auf der sich unser Campingplatz befand. Kipsala entwickelt sich immer mehr zu einem hippen Wohnviertel mit tollen Restaurants, in denen man ausgezeichnet und relativ preisgünstig essen kann.



Hausboot mit Restaurant an der Insel
Kipsala in der Dauagava
Trotz der russischen Herrschaft blieb sowohl die Stadtkultur als auch der Großgrundbesitz bis ins 19. Jahrhundert vom Einfluss der deutschen Oberschicht im Lande geprägt. Bis 1891 war die offizielle Amtssprache Deutsch, dann wurde Russisch Amtssprache. 1913 gaben etwa 40% der Einwohner an, Letten zu sein, knapp 20% waren Russen und Altgläubige, etwa 13% Deutsch-Balten, etwa 7 % der Einwohner waren Juden. Außerdem hatte Riga eine nennenswerte polnische und litauische Minderheit.


belebte Straße in der Altstadt
Nach dem Zerfall des Zarenreiches im Ersten Weltkrieg wurde am 18. November 1918 im Russischen Theater in Riga die unabhängige Republik Lettland ausgerufen. Doch musste die Unabhängigkeit erst militärisch gegen die Rote Armee durchgesetzt werden. Am 11. August 1920 schlossen die Republik Lettland und die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik den Frieden von Riga, der den Unabhängigkeitskrieg beendete. Als Hauptstadt Lettlands erlebte Riga in der Zwischenkriegszeit eine erneute Blüte. Davon zeugen auch viele Gebäude in der Altstadt. 

Die wirtschaftliche Blüte hielt nur kurz an. Bereits 1939 nach dem Hitler-Stalin-Pakt marschierten wieder russische Armeen nach Lettland ein. Die Deutsch-Balten, immerhin ca. 45.000 allein in Riga, wurden mit Einverständnis der Nazi-Regierung in den Warthegau ins heutige Polen umgesiedelt. 1940 wurde Lettland zu einer Sowjetrepublik. Zahlreiche Letten, besonders aus dem Bürgertum, wurden ins Innere der Sowjetunion deportiert. 

Im Zuge des Angriffs auf die Sowjetunion 1941 eroberten deutsche Truppen am 29. Juni Riga. In der Zeit der deutschen Besetzung von 1941 bis 1944 befand sich in Riga das Reichskommissariat Ostland. Nun wurde die jüdische Bevölkerung, 1933 rund 44.000 Menschen allein in Riga, wurde ab Juli 1941 im Rigaer Ghetto interniert. Insgesamt wurden in der Zeit von 1941 bis 1944 mehr als 70.000 lettische Juden umgebracht. Heute zeugt das Rigaer Ghettomuseum im Moskauer Viertel von dieser schrecklichen Zeit.

Ein Haus im Rigaer Ghetto-Museum. Während der Nazi-Herrschaft haben hier 120 Personen gelebt, bevor sie ermordet wurden.

zeigt das Hochhaus der lettischen Akademie
der Wissenschaften, das von 1952 bis 1958
im stalinistischen Zuckerbäckerstil gebaut wurde.
Im Oktober 1944 wurde Riga von der Roten Armee zurückerobert. Lettland wurde erneut von der Sowjetunion okkupiert und Riga die Hauptstadt der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Auch aus dieser Zeit gibt es Bauwerke wie die Akademie der Wissenschaft, die einfach nicht zu übersehen sind, über deren ästhetischen Eindruck man sich aber streiten kann.

Uns hat es in Riga gut gefallen. Wir liebten neben der Sonne und dem guten Wetter auch die lockere Atmosphäre und die Sprachenvielfalt in Riga. So hörte man neben Lettisch und Russisch auch Deutsch von den zahlreichen Touristen. Aber auch auf Englisch konnte man sich gut verständigen. Die Menschen sind entspannt, freundlich und hilfsbereit. Die gute Laune mag ein letztes Foto aus der Altstadt wiedergeben.






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