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Kapitel 40

In der Stoa hatte man Stühle aufgestellt, alle Türen waren weit geöffnet und der kleine Raum füllte sich. Dann ertönte ein kleiner Gong und der Pianist trat ein. Hardenberg war ein kleines Tierchen ins Auge geflogen, es verschwamm alles vor seinem Blick und er hatte Mühe, es zu entfernen. Dann erklangen die ersten Töne. Immer noch an seinem Auge mit einem Papiertaschentuch tupfend, hielt er urplötzlich mitten in der Bewegung inne und erstarrte. War das nicht das Stück, dass einst - ihm kam es wie eine Ewigkeit vor – ein bezauberndes junges Mädchen für ihn gespielt hatte? War es nicht Chopin? Und klang es jetzt nicht genauso wie damals? Mit dem Taschentuch wischte er sich den letzten Rest Tränen-schleier aus seinen Augen und beugte sich vor, um den Pianisten zu sehen. Was er dort sah, ließ sein Herz einen Augenblick stillestehen. Vor dem Klavier saß eine junge, blondgelockte Frau. Und diese hatte eine verteufelte Ähnlichkeit mit Natascha. Er war kaum noch fähig, dem Rest des Konzertes b

Kapitel 39

Hardenberg lehnte am Balkon einer Suite in einem Athener Hotel, in dem er nun schon seit mehreren Jahren wohnte. Er war nach dem Tod seiner Familie in tiefste Melancholie und Schuldgefühle gefallen und folgte nur widerwillig dem Rat seines Arztes, sich eine lange Pause zu gönnen und Abstand auch im geographischen Sinne zu nehmen. Schließlich übergab Hardenberg seine Firma einem Stellvertreter. Die Yacht in Monaco hatte er sofort nach dem Tod seiner Familie verkauft. Schon acht Tage später hatte sie den Besitzer gewechselt. Er hatte sie nie mehr betreten, ebenso wenig wie er Monaco wiedersehen wollte. Allein war er nach Athen gekommen, hatte Ablenkung gesucht für seine Trauer. Der Lärm der Stadt mit ihren stetigen, Tag und Nacht erklingenden Autogeräuschen, dem Geschrei der Straßenverkäufer, dem Getrappel der vielen, vielen Menschenfüße, half ihm, seine Tragödie weniger zu spüren. Die erhabenen Tempel und Museen, die Berge ringsherum und das berühmte griechische Licht taten ein übriges.

Kapitel 38

Ohne dass er etwas zu sagen brauchte, stellte ein Mädchen einen Krug mit frischen Orangensaft und einen mit Eiswasser und Gläsern auf den Beistelltisch. Der Kommissar goss sich ein Glas ein. „Ja, mein lieber Monsieur Hardenberg, das ist im Moment sehr traurig. Aber wie ich schon sagte, es braucht nichts Schlimmes zu bedeuten!“ Er winkte zwei seiner Männer heran. „Dies ist Monsieur Dupont und dieser Monsieur Grand. Sie würden sich gern mit ihrer Funk-und Telefonanlage an Bord beschäftigen. Falls Erpressungsanrufe kommen.“ Beide Herren gaben Hardenberg die Hand und verschwanden dann in Ratbergs Begleitung unter Deck. „Es bleibt uns jetzt nichts anderes als zu warten.“ sagte der dickleibige Kommissar und lehnte sich zurück. „Meine Leute sind tüchtig! Sie werden Ihre Frau und Ihre Tochter finden!“ Danach schwieg er und auch Hardenberg sagte nichts mehr. Die Sonne sank tiefer und tiefer und versank schließlich im Meer. Doch niemand schaute auf das großartige Farbenspiel. Es wurde dämmerig

Kapitel 37

Ines und Judith waren, als er aufs Schiff ging, noch nicht da. Es war mittlerweile Abend geworden. Hardenberg beschloss, jetzt die Polizei einzuschalten. Er rief in der Polizeistation von Monaco an und gab an, dass er seit dem Nachmittag Frau und Tochter vermisste. Der Polizei-Chef persönlich versprach zum Schiff hinaus zu kommen und eine Mannschaft von 20 Polizisten hoch in die Berge und in die nähere Umgebung zu schicken. Noch war es hell. Etwa vier Stunden lang würde man noch gut suchen können. Hardenberg musste schlucken und legte auf. Sowenig er sich mit Ines auch verstanden hatte und so fremd ihm sein eigenes Kind oft gewesen war, solch ein Ende musste es nicht nehmen. Er wischte sich über die Augen, stand auf und stützte sich auf die Reling. Auf dem Schiff war es mucksmäuschenstill, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Die zwei spanischen Zimmermädchen bekreuzigten sich ab und zu, bei einer sah er, dass ihre Finger emsig und immer wieder einen Rosenkranz umrundeten. E

Kapitel 36

Natascha war froh, als sie endlich im Helikopter saß. Sie versuchte es sich, so gut es ging, bequem zu machen und schloss die Augen. Sie wollte schlafen. Aber so sehr sie sich auch bemühte, der Schlaf wollte und wollte nicht kommen. Wenn sie kurz einnickte, sah Hardenberg sie mit traurigen Augen an. Und sie fuhr erschrocken hoch. Der Copilot fragte, ob sie sich einen Film auf einem kleinen Display ansehen wolle. Natascha entschied sich für eine Komödie. Das tat gut, mal die eigene Realität zu vergessen und in etwas anderes, lustigeres einzutauchen. Für Minuten erst und schließlich eineinhalb Stunden lang vergaß Natascha das, was sie heute erlebt hatte und lachte und freute sich. Aber jeder Film hat ein Ende und der Katzenjammer folgte auf dem Fuß. Und so entschied sie sich für einen neuen und noch einen. Zwischendurch mussten sie einmal landen und den Tank wieder auffüllen. Dieses Mal schenkte sie dem Treiben kaum Beachtung. Sie wusste, sie sass im exklusivsten Helikopter, den man sich

Kapitel 35

Hardenberg war nicht hinter Natascha hergelaufen. Er wusste, es war sinnlos. Missverständnisse über Missverständnisse entstanden zwischen ihnen mit jedem Wort, das er sagte. Er begriff nicht, warum sie weggelaufen war. Vielleicht war sie mit ihrer so sensiblen und impulsiven Art doch nicht die Richtige für ihn. Er hatte sich auf die Kaimauer gesetzt und schaute aufs Meer, als Ratberg ihn anrief und mitteilte, dass Frau Winter nach Hause wolle. Er hatte nur „Ja, ja!“ gemurmelt und das Handy wieder ausgestellt. Er schluckte. Es tat mehr als weh. Erst nach Stunden war er in der Lage, zum Schiff zurückzukehren. Dort herrschte Unruhe. Frau Hardenberg mit Tochter war noch nicht zurückgekommen und weder das Handy seiner Frau noch das seiner Tochter ließ sich anrufen. Es gab seltsamerweise keine Verbindung. Sie waren wohl schon gut zwei Stunden überfällig. Hardenberg ließ sich im Salon in einen Sessel fallen und verlangte einen Kaffee. Er würde selbst hinaus fahren - er wusste ja, wo sie mit J

Freizeit & Kultur im Revier

Freizeit  &   Kultur- Tipps Metropole Ruhr (idr). Die Dachkammer ist kalt, der Magen knurrt – doch Rodolfo und seine Pariser Künstlerfreunde fühlen sich trotz ihrer Armut unbekümmert und vor allem frei. Ihre künstlerische Schaffenskraft verleiht der Gemeinschaft eine ausgelassene Lebensfreude. Doch das mittellose Dasein hat seine Schattenseite in Puccinis Oper "La Bohème": Rodolfo fehlt es an Geld, um seiner geliebten schwerkranken Mimì Medikamente zu kaufen. Das Stück feiert am 18. November, 19.30 Uhr, Premiere am Theater Hagen. http://www.theaterhagen.de Sie sind berühmt und doch unbekannt: Frauen, die großen Künstlern wie Rembrandt, van Gogh und Ernst Ludwig Kirchner Modell gestanden haben, etwa das Mädchen mit dem Perlenohrring und die Dame mit dem Hermelin. Wer waren diese Frauen, wie haben sie gelebt? Die Schweizer Autorin Martina Clavadetscher hat sich auf eine biografische Spurensuche begeben und verleiht den Porträtierten eine Stimme. So werden die Gemälde zum Au