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Kultur im VEST


Rage und Respekt:
Das Programm der Ruhrfestspiele 2023

„Es ist unruhig in der Welt. Es herrscht seit einem Jahr Krieg in Europa. Der menschengemachte Klimawandel zeigt immer deutlicher Auswirkungen. Im Iran und in Afghanistan gehen mutige Frauen für ihre Rechte und Freiheiten auf die Straße und riskieren dabei alles. Auch hierzulande wächst der gesellschaftliche Druck. Aber das Erdbeben in Syrien und in der Türkei hat gezeigt, dass die Menschen in Europa weiterhin zu Solidarität bereit sind. Kunst kann die Herausforderungen der Welt alleine nicht lösen, kann aber Teil einer Lösung sein – kann Fragen stellen, kann Raum für Begegnung und respektvolles Miteinander sein, kann Ungesehenes sichtbar, Leises hörbar, Unverständliches spürbar machen, kann respektvoll und solidarisch sein.” Olaf Kröck, Intendant der Ruhrfestspiele

Unter dem Motto „Rage und Respekt“ haben der Intendant der Ruhrfestspiele Olaf Kröck und sein Team heute das Programm der Ruhrfestspiele 2023 vorgestellt. Vom 1. Mai bis zum 11. Juni laden die Ruhrfestspiele in ihrer 77. Spielzeit zu einem internationalen, politisch motivierten, genreübergreifenden und erstklassig besetzten Theaterfestival, das Kultur für alle bieten und Zugangsschwellen weiter abbauen will. Internationale Schauspiel- und Tanzproduktionen, richtungsweisende deutschsprachige Inszenierungen, Literatur, Neuer Zirkus und Kinder- und Jugendtheater stehen dabei im Zentrum. Multidisziplinäre Performanceproduktionen, Bildende Kunst sowie Diskursformate beleuchten relevante politische Fragen. Ein Musik- und Kabarettprogramm rundet das Programm ab.

Die diesjährige Eröffnungsrede hält die vielfach ausgezeichnete Autorin und Übersetzerin Anne Weber. Ihre Literatur lotet die Möglichkeiten des Erzählens für die Gegenwart aus. „Ich denke, wir schulden den Gelebt-Habenden etwas, was sich vielleicht so zusammenfassen lässt: Wir dürfen sie nicht für unsere Zwecke, seien es literarische oder ideologische, missbrauchen, wir müssen uns bemühen, ihnen gerecht zu werden“, so Anne Weber in einem Interview.

Die Eröffnungsinszenierung der Ruhrfestspiele 2023 ist am 3. Mai die Deutschlandpremiere „Drive Your Plow Over the Bones of the Dead“, eine Koproduktion mit Complicité nach dem Roman von Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk in der Regie von Simon McBurney. Mit Kathryn Hunter als Janina Duszejko steht eine der großen Schauspielerinnen Großbritanniens im Zentrum der Inszenierung, die zum Start der Aufführungsserie auf dem europäischen Kontinent bei den Ruhrfestspielen die ersten Spieltermine außerhalb Großbritanniens hat. Besonders freuen sich die Ruhrfestspiele, dass Olga Tokarczuk ganz aktuell ihren Besuch des diesjährigen Festivals zugesagt hat. Am 7. Juni wird sie im Ruhrfestspielhaus im Gespräch ihren neuen Roman „Empusion“ vorstellen und mit „Übungen im Fremdsein“ besondere Einblicke in ihre Schreibwerkstatt geben (alle Informationen unter ruhrfestspiele.de, jedoch nicht im Programmbuch).

Am Tag nach der Eröffnung präsentieren die Ruhrfestspiele als Deutschlandpremiere die letzte Regiearbeit des Theatermagiers Peter Brook: „Tempest Project“, ein Theaterstück hervorgegangen aus einer Recherche zu „The Tempest“ von William Shakespeare. Im Zentrum des Spielplans stehen zudem politisch motivierte Inszenierungen wie „Pah-Lak“ von Abhishek Majumdar, eine Koproduktion mit dem Tibet Theatre und dem Tibetan Institute of Performing Arts Dharamsala, die die Ruhrfestspiele als Europapremiere zeigen, die Uraufführung „AND NOW HANAU“ von Tuğsal Moğul, die im großen Sitzungssaal des Recklinghäuser Rathauses stattfinden wird und nicht zuletzt als Gastspiel vom Thalia Theater „Der Wij“ in der Regie von Kirill Serebrennikov. Produktionen deutscher Theater sind u. a. „Phädra, in Flammen“ von Nino Haratischwili in der Regie von Nanouk Leopold mit Constanze Becker in der Titelrolle (Uraufführung bei den Ruhrfestspielen, Koproduktion mit dem Berliner Ensemble), als Premiere „Macbeth“ in der Regie von Roger Vontobel mit Werner Wölbern als Macbeth (Koproduktion mit den Bühnen Bern) und „Der zerbrochne Krug“ in der Regie von Anne Lenk mit Ulrich Matthes als Dorfrichter Adam (Deutsches Theater Berlin). Vom RambaZamba Theater kommt „Einer flog über das Kuckucksnest“, inszeniert von Leander Haußmann. Und als weitere internationale Produktion haben die Ruhrfestspiele Isabella Rossellini mit ihrem Soloabend „Darwin’s Smile“ eingeladen.

Im Tanz zeigen die Ruhrfestspiele in diesem Jahr vier internationale Arbeiten: „Soul Chain“, choreografiert von Sharon Eyal (tanzmainz), „Manifesto“, die neue Choreografie von Stephanie Lake aus Australien als Europapremiere, „Nutcrusher“ von Sung Im Her als Deutschlandpremiere und „In C“, eine Einstudierung der Choreografie von Sasha Waltz mit Studierenden des Instituts für Zeitgenössischen Tanz der Folkwang Universität der Künste.

In der Literatur sind in diesem Jahr Judith Hermann, Mithu Sanyal und Christoph Ransmayr bei dem Kritiker und Moderator Denis Scheck zu Gast und setzen die beliebte Reihe fort. Mit thematisch in den Spielplan eigebetteten Lesungen kommen u. a. die Schauspieler*innen Paula Beer („Pariser Tagebuch 1942–1944“ von Hélène Berr) und Devid Striesow („Novelle“ von Johann Wolfgang von Goethe). Und bevor es 2024 wieder eine große Ausgabe von „Resonanzen – Schwarzes Literaturfestival“ geben wird, präsentieren die Ruhrfestspiele in diesem Jahr mit „Resonanzen – Schwarze Literatur und Lesarten“ einen Abend im Zeichen Schwarzer Gegenwartsliteratur mit afrodiasporischen Expert*innen, kuratiert von Sharon Dodua Otoo und Patricia Eckermann.

Internationale Künstler*innen und Gruppen stehen weiterhin im Zentrum des Neuen Zirkus bei den Ruhrfestspielen. Zum ersten Mal im Großen Haus des Ruhrfestspielhauses zeigt der australische Circa Contemporary Circus mit seinem Leiter Yaron Lifschitz eine neue Arbeit: „Humans 2.0“. Zudem zu Gast sind u. a. die Soon Circus Company mit „Gregarious“, „PLI“ von Inbal Ben Haim und „H O M A N“ von Collectif Malunés.

Projekte im Stadtraum sind in dieser Saison gleich zwei in Planung: „RadiOh Europa“ von Action Hero ist eine Arbeit über die Liebe. Das Künstler*innenduo Gemma Paintin und James Stenhouse ist durch 34 europäische Länder gereist und hat über tausend Menschen getroffen, die ihnen in den unterschiedlichsten Sprachen Liebeslieder vorgesungen haben. In Recklinghausen laden sie die Stadtbewohner*innen an zwei Terminen in ihr mobiles Aufnahmestudio und zum Abschluss der Ruhrfestspiele am 11. Juni präsentieren sie einen Tag lang die schönsten Liebeslieder aus allen Ländern in einer achtstündigen Live-Radiosendung. Der interaktive Audiospaziergang „Wer warst du, E.?“, das zweite Projekt im Stadtraum, ist eine Reise in die Geschichte Recklinghausens zur Zeit des Nationalsozialismus vom Büro für Eskapismus. Spielelemente aus Theater, Escape-Room, Schnitzeljagd und Rätselspiel öffnen neue Wege des Rezipierens und Erlebens von Geschichte und werden so zu einem interaktiven Teil politischer Bildung.

Im Genre Zwischenräume präsentieren die Ruhrfestspiele zudem die bildende Künstlerin Ângela Ferreira mit ihrer ersten großen Einzelausstellung als diesjährige Kunstaustellung in der Kunsthalle Recklinghausen. Ferreira untersucht in ihren Werken die Auswirkungen des Kolonialismus und Postkolonialismus auf zeitgenössische Gesellschaften. Zu erleben ist außerdem die neue Arbeit von Abhishek Thapar, der bereits in der ersten Saison von Olaf Kröcks Intendanz in Recklinghausen zu Gast war. In „Lacuna Kitchen“ lädt er das Publikum zu einem außergewöhnlichen theatralen Experiment ein, das gängige Sichtweisen auf den Restaurantbetrieb hinterfragt und die in der Küche Arbeitenden ins Zentrum stellt.

Die Jungen Ruhrfestspiele werden auch 2023 ein ausführliches Kinder- und Jugendtheaterprogramm zeigen. Altersspezifische Vorstellungen nehmen auf die jeweilige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen Rücksicht, behandeln eine große thematische Bandbreite und bieten verschiedenste ästhetische Erfahrungen. Neben dem Sprechtheater (u.a. „Das Märchen von der kleinen Meerjungfrau“ von Roland Schimmelpfennig, Junges Theater Heidelberg) gibt es Produktionen mit Mitmachelementen, Musik („SPLASH!“ von Theater Marabu), Stücke mit Tanz („Sag mal!“ von Ceren Oran & Moving Borders) und Akrobatik („Double You“ von Be Flat, Deutschlandpremiere) und Hörspielelementen. Gleichzeitig setzt das Team zahlreiche Mach Mit!-Angebote zum sinnlichen Erleben und zur kreativen Partizipation fort.

Die Ruhrfestspiele planen in der Saison 2023 eine Vielzahl weiterer Programmpunkte. Im Genre Musik sind u. a. Angela Winkler mit dem musikalisch-literarischen Abend „Brecht im Spiegel“, Matthias Brandt mit der Wort-Musik-Collage „Die Berkwerke zu Falun“ von E.T.A. Hoffmann und Hauschka zu Gast.
Die Ruhrfestspiele wollen zudem weiterhin mit ihrem Publikum ins Gespräch kommen. Zusammen mit dem DGB ist die Fortsetzung der Reihe „Partei ergreifen!“ als Live-Veranstaltungsreihe in Planung. In Künstler*innen- und Publikumsgesprächen sind u.a. der Autor und das Regieteam von „Pah-Lak“ zu Gast, außerdem Leander Haußmann, John von Düffel, das Team von „Phädra, in Flammen“ und die Choreografin Stephanie Lake.

90 Produktionen mit rund 300 Veranstaltungen, davon u. a. zwei Uraufführungen, zwei Europapremieren, fünf Deutschlandpremieren und zwei Eigenproduktionen sind geplant. Insgesamt neun Produktionen sind koproduziert. Die Ruhrfestspiele nutzen rund 13 Spielstätten im Ruhrfestspielhaus, im Rathaus Recklinghausen, in der Halle König Ludwig 1/2 und im Theater Marl, in der Recklinghäuser Innenstadt und an zahlreichen weiteren Orten. Beteiligt sind über 650 Künstler*innen aus der ganzen Welt.

Alle Produktionen der Ruhrfestspiele 2023 finden Sie im Spielplan der Presseunterlagen. Weitere Informationen zum Programm, den beteiligten Künstler*innen und ihren Produktionen finden Sie zudem im Programmbuch 2023 und unter ruhrfestspiele.de.

Der Kartenvorverkauf für die Ruhrfestspiele 2023 beginnt am Donnerstag, 2. März, um 9:00 Uhr.

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